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Multipler Urknall
(ca. 12 Min. Lesezeit)

(Die Urform dieses Artikels habe ich 2004 in der fränkischen Zeitung OBERMAIN-SERVICE veröffentlicht.)

In der Genesis heißt es gleich zu Beginn: Und Gott sprach. »Es werde Licht.« Und es ward Licht. Zitat Ende. Nicht wenige aufgeschlossene Christen, viele Astrophysiker und wahrscheinlich eine erhebliche Zahl von Atheisten setzen diesen Zeitpunkt mit dem Beginn des Universums vor circa 13,8 Milliarden Jahren gleich, gemeinhin bekannt als dem Urknall, dem Big Bang.

Schon im Religionsunterricht, später dann auch im Fach Physik, habe ich mich immer gefragt: Woher kam denn die ganze Materie, mit der Gott die Welt, ja das gesamte Universum mit einem einzigen Schlag erschaffen haben soll? Oder die Natur, wenn Ihnen – wie mir – der Glaube an einen Gott nicht zusagt. Sollten all die Milliarden von Galaxien, die wir mittlerweile - hauptsächlich dank des Hubble-Teleskops - entdeckt haben, tatsächlich in einem einzigen Augenblick entstanden sein? Und in einem einzigen Punkt von unvorstellbarer Konzentration - einfach so, aus dem Nichts heraus - schon vorher (!) für eine Ewigkeit latent vorhanden gewesen sein? Wie soll aus Nichts so etwas offenbar Unendliches wie ein ganzes Universum entstehen können?

Wenn dem so wäre, müsste man anhand der Fluchtbewegungen der Galaxien und Sternenhaufen, den Ort des Urknalls eigentlich zurückrechnen und seine Position im All definieren können. Und damit auch den Ort, an dem Gott wohnt? Auch wenn wir die seit Milliarden von Jahren wechselhaften Anziehungskräfte der Galaxien zueinander berücksichtigen, müsste dies theoretisch möglich sein. Doch offenbar geht es nicht. Allein mit der gegenseitigen Beeinflussung durch die gewaltigen Schwerkräfte lassen sich die völlig unterschiedlichen Driftrichtungen nicht erklären. Viele Galaxien bewegen sich sogar aufeinander zu! Sie ziehen sich gegenseitig durch ihre gewaltigen Schwerkräfte an, aber sie streben nicht von einer Big-Bang-Position weg!

Man könnte einwenden, dass der menschliche Verstand (noch) nicht in der Lage ist, die wirklichen Zusammenhänge im All zu verstehen. Gottes Wege sind unergründlich, würden Christen hier anführen. Aber vielleicht war es doch ein wenig anders. Vielleicht war Gottes Schöpfung doch gewaltiger, als es sich manch religiöser Kleingeist vorstellen kann oder will. Noch einmal: Ich sage dies als Atheist, nicht als gläubiger Mensch.

Ich möchte das Pferd von einer anderen Seite her aufzäumen: Eine der grundlegendsten Regeln der Natur, der Physik, meinetwegen der Schöpfung, ist die, dass nichts verloren geht. Alles, was vergeht, bildet die Grundlage für etwas Neues, was daraus entsteht und wächst.

Nehmen wie eine entsprechend große Sonne zum Beispiel, die am Ende ihres Lebens - für die Astrophysiker besser: am Ende ihres Brennstoffvorrates - eine Entwicklung durchmachen kann, dessen Resultat ein Schwarzes Loch bildet. Längst sind Schwarze Löcher keine blanke Theorie mehr, oder das Faible von Science-Fiction-Autoren, sondern anerkannte Tatsache und eine ganze Reihe davon wurden von den Astronomen zuverlässig lokalisiert. Vor Kurzem gelang es den Forschern sogar, ein solches Schwarzes Loch sichtbar zu machen, bzw. den leuchtenden Ring rotierender Materie und Gase um besagtes Loch. Selbst unsere* Milchstraße soll im Zentrum eines davon besitzen. Leider können wir es von der Position unseres Sonnensystems aus weder sehen noch messen … noch nicht. Neueste Forschungen gehen sogar davon aus, dass es eher die Regel ist, dass eine Galaxis in seinem Zentrum ein Schwarzes Loch besitzt.

*Ich setze hier ein Sternchen, weil es schon sehr anmaßend ist, eine ganze Galaxie mit unser zu bezeichnen, als gehörte sie allein der Menschheit. Aber das ist eine andere Geschichte …

Nun, was ist die Haupteigenschaft eines Schwarzen Lochs? Es frisst aufgrund seiner enormen Masse jegliche Materie in seiner unmittelbaren Umgebung und gewinnt dadurch noch mehr an Masse. Was wiederum dazu führt, dass es eine noch größere Anziehungskraft erhält und noch mehr Materie in sich hineinzieht. Sein Wirkungsgrad (auch: Ereignishorizont) wird immer größer, und es zieht durch seine gesteigerte Anziehungskraft auch entferntere und größere Objekte in seinen Schlund. Und so weiter und so fort. Und dies unendlich? Wie viel Materie kann ein Schwarzes Loch in sich aufnehmen? Wir sprechen hier immerhin nicht von Kilogramm oder Tonnen, sondern von unzähligen Kometen, Meteoriten, Asteroiden, kosmischem Staub, Monden, Planeten, ja selbst anderen Sonnen, sogar kompletten Sonnensystemen. Aber und aber Milliarden von Gigatonnen allen möglichen Materials. Unendlich?

Nein! Kein lineares System, sei es natürlichen oder menschlichen Ursprungs kann sich bis ins Unendliche steigern, ohne irgendwann in eine andere Zustandsform wechseln zu müssen. Ein (sehr) kleines Beispiel gefällig? Bitte sehr: Drehen Sie einen Wasserhahn ganz leicht auf: Ein Tropfen wird austreten und herabfallen. Drehen Sie Stück für Stück weiter in minimalen Schritten auf, wird sich die Häufigkeit der Tropfen steigern, bis diese Art der Entleerung nicht mehr ausreicht und aus den vielen, vielen Tropfen ein dünner Strahl wird, der den Hahn verlässt. Drehen Sie wiederum stärker auf, wird er dicker und dicker werden. Bis zu dem Grad, an dem sich auch diese Form der Entleerung nicht mehr linear steigern lässt und eine Neue entsteht, entstehen muss: Aus dem geschlossenen Strahl wird ein spritzendes Chaos. Das Wasser hat sein lineares Wachstum verlassen und eine neue Bewegungsform erreicht. Ähnliche Beispiele lassen sich zuhauf finden.

Ist es also möglich, dass über Urzeiten hinweg ein Schwarzes Loch unbegrenzt wachsen kann? Erreicht es nicht doch irgendwann einen Grad der Sättigung, wie ein Vielfraß, der es übertrieben hat? Und was passiert dann? Reicht die Masse, die es geschluckt hat aus, ein ganzes Universum wieder zu füllen? Wieder bin ich der Meinung: Nein!

Wahrscheinlich frisst ein Schwarzes Loch nur so viel Materie, wie es in seinem wachsenden Einflussbereich vorfindet, im Extremfall vielleicht sogar eine ganze Galaxie. Was solls? Doch dann hat es nichts mehr zu fressen. An anderen Orten im Universum mag die Sternendichte, die Konzentration von dunkler Materie oder ganzen Sternenhaufen aber so groß sein, dass unser gefräßiges Monstrum sich schier übernimmt und seine Variante vom Wechsel einer linearen Entwicklung zum Chaos vollzieht: Ein Urknall findet statt. Damit wäre erklärt, woher die Materie kommt, die unser Universum begründet haben soll. Doch ich gehe einen Schritt weiter. Ich behaupte, dass es nicht einen Urknall gab, sondern unendlich viele. Mehr noch: Ich bin davon überzeugt, dass dieser Prozess immer noch anhält und dies auch für alle Ewigkeit tun wird.

Wir erinnern uns: In der Natur geht nichts verloren. Alles Vergangene gebiert Neues. Das ist ein Konzept, ein Gedanke, den ich mit meinem primitiven Affengehirn gut nachvollziehen kann. Es ist beruhigend, zu wissen, dass Geburt und Tod, Wachstum und Verderben, Werden und Vergehen ein unumstößliches Gesetz der Natur darstellen.

Nun behauptet der Großteil der Astrophysiker sogar, dass sich das Universum immer weiter ausbreitet. Okay, ob nun ein Urknall oder mehrere: Vom/von Explosionsort/en streben Bruchstücke davon, schon klar. Müsste dann aber nicht am Ort des postulierten einen Urknalls gähnende Leere herrschen? Leere Ort gibt es im Universum mehr als genug. Mittlerweile glaubt man aber – zumindest theoretisch –, dass das Weltall alles andere als leer ist. Dunkle Materie lautet hier die Antwort.

Durch die Rotverschiebung soll sogar bewiesen sein, dass sich die Materiemassen – und wir sprechen hier ja von ganzen Galaxien – beschleunigen! Aber wird nicht jedes Objekt, das durch eine Detonation vom Explosionsort weggeschleudert wird, durch in seinem Weg befindliche Partikel, Brocken und andere Hindernisse abgebremst? Haben wir nicht gerade festgestellt, dass das All mehr Materie in sich trägt, als früher angenommen? Und: Woher soll denn die Energie für die Beschleunigung herkommen? Noch obskurer: Wenn sich das Universum immer weiter beschleunigt und dies auch noch nach allen Seiten: Wann haben dann die Milliarden von Galaxien die Geschwindigkeit erreicht, die wir als bislang absolute Grenze betrachten? Die Lichtgeschwindigkeit. Wenn wir heute diese Beschleunigung angeblich belegen können und dazu noch angeblich wissen, um wie viel das Universum sich beschleunigt, könnte man auch berechnen, wann die Lichtgeschwindigkeit erreicht sein müsste! Das Ende allen Seins? Und was soll dann passieren? Explodiert dann das ganze Universum und wir haben einen alles vernichtenden Urknall? Wieder nur einen? Oder durchbricht dann das expandierende Universum die Lichtmauer?

Nein, an ein sich immer und immer weiter beschleunigendes Universum, bis hin oder über die Lichtgeschwindigkeit hinaus, kann ich nicht glauben.

Zusammenfassend stelle ich folgende These auf und rege eine Diskussion darüber an:
1.    Es gab und gibt nicht einen Urknall, sondern unendlich viele.
2.    Dieser Prozess war und ist aktuell und wird auch in Zukunft existieren.
3.    (Übergroße) Schwarze Löcher können nicht unendlich viel Materie in sich aufnehmen.
4.    Sie explodieren bei einem Grad der Sättigung mit einem Big Bang.
5.    Die Herkunft der Materie der Big Bangs (Plural!) ist damit gefunden.
6.    Die unterschiedlichen Driftbewegungen der Galaxien gründen ursprünglich auf diesen multiplen Big Bangs und den danach wirksamen gegenseitigen Anziehungskräften.
7.    Die angebliche Beschleunigung des Universums beruht auf einem Denk-, System- oder Rechenfehler.

Insgesamt erscheint mir mein Modell in sich schlüssiger, logischer als das bisher postulierte. Es erklärt Dinge, welche die bisherige (singuläre) Urknall-Theorie unbeantwortet lässt. Okay, den wirklichen Anfang nicht. Aber ein ungelöstes Rätsel ist besser als eine Vielzahl davon.

Werner Karl

P.S. Wer Lust hat, kann zu diesem Thema meine Kurzgeschichte »Zurück auf Anfang« lesen, die ihr im Reiter »Kostenlose Leseproben« findet.